Noch nicht allzu lange ist es her: Die Europameisterschaft im eigenen Land. Alle haben sich auf das zweite Sommermärchen vorbereitet – auch die Fans, die „Public” Viewing bei sich zu Hause anbieten wollten. Nicht wenige haben eigens dafür Wohnzimmer und Garten nochmal optimiert. Mit dem neuesten Beamer oder einem größeren Fernsehen, zusätzlichen Bierbänken, einem Partyzelt oder passender Deko in schwarz-rot-gold. Nach einer Umfrage des EHI-Retail Instituts planten knapp 20 Prozent² anlässlich der EM beispielsweise Grillgeräte oder Gartenmöbel zu kaufen, 16,3 Prozent liebäugelten mit neuen Elektronikartikeln.³
Doch wir fragen uns: Und was passierte damit nach Abpfiff am 14. Juli 2024? Der Beamer verschwindet im Schrank, die Bierzeltgarnitur neben dem Partyzelt in der Garage. Für das nächste Gartenfest. Vielleicht.
Und wie wäre es, sich insbesondere solche Gegenstände, die man nicht so häufig nutzt, auszuleihen oder zu mieten, statt alles selbst anzuschaffen? Dadurch würde der/die Einzelne Geld sparen und ganz nebenbei wäre auch noch der Umwelt geholfen. Genau das ist der Ansatz der Sharing Economy beziehungsweise des Use-instead-of-uy-Gedankens: Tauschen, leihen oder Gegenstände gemeinsam nutzen, um den Konsum insgesamt zu reduzieren.
Sharing Economy – Die Ökonomie des Teilens
Sharing Economy – auch „Shared Economy“ oder „Shareconomy“ – heißt wörtlich übersetzt „Wirtschaft des Teilens“. Dieser Begriff bezeichnet die gemeinschaftliche Nutzung von Gütern durch Teilen, Tauschen, Leihen, Mieten oder Schenken sowie die Vermittlung von Dienstleistungen. Die Idee ist nicht neu. Vereine, Genossenschaften, Nachbarschaftshilfe – all solche Initiativen basieren auf dem Gedanken, dass man stärker ist, wenn man seine Kräfte als Gemeinschaft bündelt und sich gegenseitig aushilft. Der Internetboom Anfang der 2000er-Jahre hat die Sharing Idee jedoch neu angefacht: Neue Online-Plattformen, -Tauschbörsen oder –Verleihservices für Apartments und/oder Fahrräder haben das Teilen und den Zugang zu Dienstleistungen noch einfacher und niederschwelliger gemacht.
Spannenderweise liegen auch die Wurzeln unseres modernen Massenkonsums in der Geschichte der Menschheit. Nach Aussage von Evolutionsbiologen bedeutete für die Jäger und Sammler „mehr besitzen“ eigentlich immer „länger und besser Überleben“. Inzwischen stoßen wir mit diesem Ansatz aber an die Grenzen unserer Erde. Die Produktion für unseren Massenkonsum verbraucht zu viele Rohstoffe, Transport und Herstellung pusten Tonnen an CO2 in die Luft.
Nach Auffassung des Trendforschers Peter Wippermann⁵ könnte das Sharing ökonomisch einen Übergang zur Kreislaufwirtschaft auslösen. Es gehe immer stärker darum, Ressourcen neu zu denken und die Geschäftsmodelle zur Nutzung neu zu entwickeln. In einer Trendstudie aus dem Jahr 2022 kommt er zu dem Schluss, dass Sharing vor dem Hintergrund des Klimawandels, einer fortschreitenden Digitalisierung und den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie bei Konsument:innen an Bedeutung gewonnen hat.