Käufer:innen geben oft an, dass der Preis für ein E-Auto sie am meisten vor dem Kauf bremst. Die Hälfte der Europäer:innen halten ihn immer noch für zu hoch.⁴ Wie stehst Du zu diesen Aussagen?
Bernd Brauer: „Die Kaufpreise sind immer noch höher als die von Verbrennern. Wir sehen hier allerdings, dass sich die Preise seit Beginn mehr und mehr annähern, die E-Autos der nächsten Generation werden bereits deutlich günstiger sein. Das liegt auch an der Konkurrenz aus Asien. Vor allem chinesische Produzenten haben den Wettbewerb deutlich erhöht. Die europäischen Autobauer müssen daher generell an ihren Preisstrukturen arbeiten.“
In Deutschland ist der Umweltbonus Ende 2023 kurzfristig abgeschafft worden und die Verkaufszahlen gingen rapide nach unten. Im August sank die Zahl der neu zugelassenen Autos um ganze 69 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.⁵ Jetzt plant die Regierung als Ausgleich stärkere Steuererleichterungen für E-Dienstwagen.⁶ Was hältst Du davon?
Bernd Brauer: „Wenn man das Ziel der Regierung betrachtet, bis 2030 mehr als 15 Millionen E-Autos auf deutsche Straßen zu bringen, ist das sicherlich ein wirksamer Hebel. Denn Zulassungen auf Unternehmen machen immer noch einen großen Anteil der Neuzulassungen an Elektroautos aus. Privatkäufer:innen und Bürger:innen mit kleinem oder mittlerem Einkommen profitieren allerdings nicht davon. Für sie war der Umweltbonus ein entscheidendes Argument für die Anschaffung.“
Viele treibt noch immer die Sorge um, dass sie nicht schnell genug und verlässlich an Strom für ihr Auto kommen. Was sagst Du: Mythos oder Wahrheit?
Bernd Brauer: „Deutschland ist hier bereits heute viel besser aufgestellt, als viele denken. Nach aktuellen Zahlen der Bundesnetzagentur⁷ ist die Zahl der Ladepunkte Anfang des Jahres im Vorjahresvergleich um insgesamt 40 Prozent auf insgesamt rund 69.000 gestiegen. Rund acht reine Elektroautos teilen sich damit einen öffentlichen Ladepunkt. In Ballungsgebieten und entlang der Autobahnen kommt man mit aktuellen E-Automodellen inzwischen sehr komfortabel von A nach B. Nur im ländlichen Raum gibt es weiterhin Ausbaubedarf.“
Im europäischen Vergleich zeigen sich die Deutschen besonders skeptisch beim E-Auto. 37 Prozent der Deutschen sehen sogar vom Kauf ab, weil sie in dem E-Auto selbst Umweltprobleme sehen.⁸ Was denkst Du über die Lage?
Bernd Brauer: „Sowohl die Batterieproduktion bzw. ihre Bestandteile als auch die Entsorgung der Batterien sind aus ökologischer Sicht tatsächlich noch nicht zur Zufriedenheit gelöst. Allerdings wird bereits mit Hochdruck an Lösungen gearbeitet – insbesondere auch in Deutschland. Es gibt zum Beispiel Start-ups, die alte Autobatterien zu Energiespeichern für Industrieanlagen umbauen. Und die Forschung sucht auch nach möglichen Alternativen zu Batterien. Damit entstehen aus diesen Problemstellungen heraus spannende neue Chancen für die deutsche Ingenieurskunst – und damit neue Industrien.“
Würdest du sagen, wir sind mitten im Prozess Richtung Elektromobilität?
Bernd Brauer: „Aus meiner Sicht nicht nur ‚in Richtung Elektromobilität‘. Wir sind mittendrin. Die Krux ist, dass die Deutschen am liebsten immer direkt eine perfekte, fertige Lösung haben wollen. Das geht aber nicht immer. Wir müssen begreifen und akzeptieren, dass wir uns inmitten eines Transformationsprozesses befinden mit allen seinen Ungeklärtheiten. Die Effizienzsteigerungen, die E-Autos allein in den vergangenen fünf Jahren erreicht haben, sind beachtlich. Jede neue E-Auto-Generation wird also nochmal attraktiver werden, nochmal bessere Lade- und Speichertechnologien und noch mehr digitale Services haben. Dass die staatliche Förderung in Deutschland abrupt abgeschafft wurde, hat den Durchbruch hierzulande etwas ausgebremst. Ich vertraue aber den Regeln des Markts. Die Preise werden sich in naher Zukunft den Preisen für Verbrenner anpassen. Und dann können die europäischen Autos ihre Stärken gezielt ausspielen: Sicherheit, Leistungsstärke und Verlässlichkeit.“