Nachhaltigkeit. Ein Wort, das aktuell (zurecht, wie ich finde) in aller Munde ist. Meistens wird Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit Klimaschutz sowie Produktions- und Arbeitsbedingungen genannt – faire Bezahlung, kurze Lieferwege. Nachhaltigkeit spielt sich somit in der Öffentlichkeit vor allem im Kontext von Firmen und Konzernen ab. Wie produzieren die Unternehmen Produkte, die wir brauchen? Aber Nachhaltigkeit fängt bei jedem einzelnen von uns an.
Nachhaltigkeit bedeutet im privaten Alltag für mich vor allem: Vernünftig konsumieren. Ich erinnere mich an meine Kindheit, als regelmäßig fremde Menschen in zerknitterten Anzügen vor der Tür standen. Sie wollten meiner Mutter unangekündigt Staubsauger verkaufen. Sie lächelten sympathisch und sprachen von einzigartigen Rabatten. Sie sagten sehr überzeugend, dass wir als Familie nur mit dem neuen Staubsauger glücklich weiterleben könnten. Die meist männlichen Haustürverkäufer mit den unschlagbaren Angeboten von damals sieht man heute nicht mehr. Jetzt locken uns Online-Shopping-Aktionen mit tollen Rabatten.
Im Digitalzeitalter klingelt es nicht mehr an der Tür, sondern im E-Mail-Postfach. Da trudeln sie ein: die unschlagbar reduzierten Topprodukte wie der 60 Zoll Megafernseher oder das Smartphone mit genialer Kamera. Günstiger wäre nur noch geschenkt. Diese Aktionen oder Events heißen Cyber Monday oder Black Friday. Feiertage für den Handel, der uns mit gewaltigen Preisnachlässen dazu verführt, uns all unsere Wünsche zu erfüllen. Rein zufällig liegt der Black Friday Ende November, wenn so langsam das Weihnachtsgeld auf den Haushaltskonten eintrudelt und die Kaufkraft und -lust wächst.
Hier standhaft zu bleiben, ist eine Herausforderung, die ich 2022 angehe. Aber kann ich vernünftig bzw. nachhaltig konsumieren am Black Friday? Uns allen gefällt es schöne Dinge zu kaufen. Ich kenne aber auch niemanden, der freiwillig gerne mehr Geld als nötig ausgibt. Elementar wichtig beim Black Friday ist daher nicht, sich nichts zu kaufen. Wichtig ist, sich das Richtige zu kaufen – auf nachhaltige Art und Weise. Wer den Black Friday nutzt, um dort zu sparen, wo er oder sie ohnehin einen Bedarf hat. Man kann sich den Black Friday zum Gefährten machen.
Nachhaltiger Konsum bedeutet zum einen, sich über das Produkt und die Angebote zu informieren. Ein Beispiel: Ich brauche einen neuen Esstisch. Aber: Es gibt tausende verschiedene Esstische. Was für einen Esstisch brauche ich genau? Was muss er für Alltagssituationen meistern? Wie groß, welches Design? Welches Material? Wie wichtig ist mir Nachhaltigkeit dabei? Was ist meine Prioritäten-Liste, wenn alles, was ich gerne hätte, mein Budget übersteigt?
Wenn ich mir stets sehr genau überlege, was exakt ich benötige und was ich wirklich ausgeben darf, ist der Black Friday mein größter Freund. Die Chancen stehen gut, dass mein Wunsch-Esstisch am Black Friday schmackhaft reduziert ist. Dann habe ich ein Schnäppchen gemacht. Ich habe die veranschlagte Summe für den Tisch nicht überschritten. Besser noch: Die Restsumme, die ich nicht ausgegeben habe, lege ich als Notgroschen zurück (z.B. Stromrechnung). Das größte Glücksgefühl dabei: Meine Ausgaben passen zu den Einnahmen, und so überschulde ich mich erst gar nicht.
Standhaftigkeit beim Black Friday gefragt. Kaufe ich nämlich im selben Rabatt-Rausch noch schicke Kopfhörer, drei Jeans und einen Fahrradhelm, habe ich viel mehr Geld ausgegeben, als ich veranschlagt habe und womöglich sogar übrighatte. Für Produkte, die ich nicht unbedingt brauchte. Wer also gezielt nach Angeboten für Dinge sucht, die er ohnehin gekauft hätte, gewinnt. Wer sich verleiten lässt, in einen Kaufrausch zu verfallen, verliert.
Hier meine persönlichen Tipps, damit das Experiment gelingt:
-Prüft eure Finanzen / Kontostand: Wie viel Geld darf ich am Black Friday wirklich ausgeben? Überschreitet die Summe nicht.
-Erstellt eine Liste mit Prioritäten und exakten Wünschen, was ihr kaufen wollt.
-Bleibt standhaft und macht keine Spontankäufe – viel zu oft kaufen wir Produkte, die wir gar nicht brauchen und dann ungenutzt bleiben
-Legt übrig gebliebenes Geld zur Seite, spart oder verwendet für steigende Energiekosten (Rechnungen)
-Muss es immer neu sein? Kauft auch mal Wunschartikel oder Unikate im tollen Zustand aus gebrauchter Hand!
Black Friday, das nur am Rande, ist übrigens die Bezeichnung für einen schwarzen Tag an der Börse. Im Jahr 1929 brach am Freitag, den 25. Oktober, die New Yorker Börse ein. Eine der größten Wirtschaftskrisen begann. Menschen verloren ihr Geld. Das sollte uns dieses Jahr am Black Friday (25. November 2022) nicht passieren, oder?
AUTORINNEN-TEXT:
Marie von den Benken wurde 1989 in Hamburg geboren und 14. Jahre später auf der Mönckebergstraße von einem Modelscout „entdeckt“. Seither beobachtet sie die Fashion-Branche von vor und hinter der Kamera. Inzwischen gehört sie als Autorin und Influencerin zu den wichtigsten Stimmen ihrer Generation. Ihr Twitter-Account gehört zu den meistzitierten Accounts in den Deutschen Medien und ihre Kolumnen, etwa zu „Germany´s Next Topmodel“, haben Kultcharakter. Als Autorin arbeitet sie für die größten Magazine, Zeitungen und Verlage des Landes sowie für TV-Produktionen. Als Influencerin kooperiert sie mit vielen sehr großen und kleinen, interessanten Unternehmen und legt dabei besonderen Fokus auf Nachhaltigkeit. Sie ist Testimonial für einige nachhaltig operierende Bewegungen wie Viva con Agua, Veganuary, Weisser Ring oder PETA.